Viel Schaum um nichts

am . Veröffentlicht in Körper

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Schon als Kinder wurde es uns gelehrt, dass Sauberkeit und Hygiene ein sehr wichtiger Bestandteil unserer Gesundheit sind. Eine ganz besondere Rolle spielt dabei die Sauberkeit unserer Hände. Deshalb muss immer die erste Aktion sein, wenn wir nach Hause kommen, die Hände zu waschen, denn unsere Hände sind im Laufe des langen Tages nicht nur herkömmlichem Schmutz, sondern vor allem ständig vielen Krankheitserregern ausgesetzt, und manche dieser Keime sind bereits hartnäckig resistent gegen Antibiotika. Zum Glück mangelt es uns nicht an verschiedenen Hygieneartikeln, um damit unsere Hände effektiv sauber zu halten. In Krankenhäusern und anderen Einrichtungen, wo eine gute Hygiene eine entscheidende Rolle spielt, kommen meistens spezielle desinfizierende Seifen zum Einsatz, die Keime und Bakterien weitestgehend vernichten können. In den letzten Jahren wird diese Art von desinfizierenden Seifen in harter oder flüssiger Konsistenz auch dem Normalverbraucher angeboten. Ist es aber wirklich sinnvoll, diese Seifen tatsächlich alltäglich zu Hause zu verwenden?

 

Forschungsergebnisse der Universität von Korea in Seoul

Das Wissenschaftlerteam unter Führung von Min-suk Rhee hat genau diese Fragen gestellt und bearbeitet, und die Studien dieses Teams belegen ein ziemlich eindeutiges Ergebnis: Nein, wir brauchen diese Art Seife nicht unbedingt. Desinfizierende Seifen beinhalten die Substanz "Triclosan", die für ihre antibakterielle Wirkung bekannt ist und daher schon lange in Krankenhäusern verwendet wird, und zunehmend werden diese Seifen nun auch in ganz normalen Haushalten eingesetzt. Die Wissenschaftler haben jeweils 20 Sekunden lang, das ist die nachgewiesen durchschnittliche Dauer des Händewaschens, normale Haushaltsseife und mit 0,3% Triclosan angereicherte Seifenflüssigkeit jeweils mit 20 verschiedenen Bakterienstämmen, u. a. Salmonellen, Listerien und Escherichia coli, besser bekannt als E. coli Bakterien, in Kontakt gebracht. Weder bei 22 °C noch bei 40 °C hat sich die antibakterielle Seife als signifikant effizienter erwiesen als die ganz normale Seife.

In einem zweiten Teil des Experiments wurden zwei Gruppen von Probanden verglichen, die sich eine bestimmte Zeit lang stets mit normaler bzw. desinfizierender Seife die Hände gewaschen haben. Ein nachweisbarer Hygieneunterschied konnte erst dann festgestellt werden, wenn die Triclosankonzentration deutlich über 0,45 % hinaus ging. Allerdings sind solch hohe Konzentrationen z. B. in EU-Ländern verboten, da der Verdacht besteht, dass derartige Seifen karzinogen wirken können. Darüber hinaus ist Triclosan ein Umweltgift, und in Tierversuchen wurde nachgewiesen, dass es die Muskulatur schwächt. Und es wird noch ein ganz anderer Effekt diskutiert: Bei ständigem Einsatz dieser Substanz könnten Bakterien eine Art Resistenz dagegen entwickeln.

 

Der "Lady Macbeth Effekt"

Der ständige Drang zum Händewaschen ist auch als der sogenannte Lady Macbeth-Effekt bekannt, benannt nach jener berühmten Figur aus dem gleichnamigen Drama von William Shakespeare. Lady Macbeth stachelte darin ihren Ehemann zur Ermordung des Königs von Schottland auf. Als König Duncan dann tot war, bekam sie ein sehr schlechtes Gewissen, schlafwandelte und versuchte immer wieder das imaginäre Blut des Königs wegzuwaschen. Die Angst vor Bakterien hat auch einen medizinischen Namen: Verminophobie. Menschen, die unter dieser Phobie leiden, waschen sich mehr als 100 Mal am Tag die Hände, reinigen immerzu ihr Haus oder ihre Wohnung und vermeiden es tunlichst, fremde Gegenstände ausserhalb ihres Haushalts anzufassen. Die Reinigungsmittelindustrie ist natürlich begeistert von solche Menschen, kann sie so doch Hunderte völlig überflüssiger Produkte am Markt etablieren.

 

"Ich wasche meine Hände in Unschuld"

Nachdem der römische Stadthalter Pontius Pilatus Jesus zum Tode durch Kreuzigung verurteilt hatte, führte er ein symbolisches Reinigungsritual aus, um damit sein Gewissen zu beruhigen. So gesehen ist das Händewaschen nicht nur dazu da, um uns vor gefährlichen Keimen zu schützen, sondern es hat auch eine psychologische Komponente. Der amerikanische Professor Stanley Rachman verbindet den Drang zum ständigen Händewaschen mit einem emotionalen Trauma aus der Kindheit wie z. B. sexuelle Gewalt oder Verrat durch einen nahestehenden Menschen. Wie bei Pontius Pilatus verbirgt sich auch oft der Wunsch nach Befreiung von jeder Art des Zweifels dahinter. In eine ähnliche Richtung führt auch die Argumentation des deutschen Psychologen Kai Kaspar, der davon ausgeht, dass uns die Prozedur des Händewaschens dabei unterstützt, uns von negativen Erlebnissen zu befreien und dadurch auch insgesamt optimistischer zu werden.

FAZIT: Ganz egal, welcher psychologischen Studie wir nun mehr zu folgen geneigt sind, und uns die Hände eher rituell oder aus dem oft gegebenen Anlass der Reinigung waschen, wir brauchen dafür in aller Regel keine spezielle antibakterielle Seife.

Bildquelle: Maren Beßler / pixelio.de